Aus den „KASSELER NEUESTEN NACHRICHTEN“ vom 13.1.1925, Erschienen in der Artikelserie „DER FERNHÖRER – Aus dem Reich des Radiofunks“ (Abschrift des Artikels, da Vorlage nicht kopierfähig):
Kasseler Radioklub
Ein Rückblick auf das erste Jahr
Der Kasseler Radioklub hielt dieser Tage unter Leitung seines ersten Vorsitzenden C.W. Ebert im „Zeppelin“ eine gut besuchte Versammlung ab. Schriftführer Noether ließ die am 5. Februar einjährige Geschichte im Geiste vorüberziehen, die Geltendmachung, Erfüllung so mancher Wünsche der Radioamateure und – Bastler, die Anknüpfung von Beziehungen zu den zuständigen Behörden, die Mitwirkung bei den Bemühungen um den nun endlich erfolgten Bau eine Kassler Senders, der mit dem unglücklichen Empfangsverhältnissen in Kassel aufräumte und weiter die Verfolgung der Notwendigkeit eines Laboratoriums.
Leider waren die Bemühungen, den Zwehrenturm zu erhalten, und dadurch Kassel ein neues Wahrzeichen zu geben, vergeblich. Jetzt ist der Radioklub dennoch zu einem Laboratorium gekommen. Nach Rechnungslegung durch Kassenführer Janssen wurde u.a. ein Lehrfilm vorgeführt, der die Wirkungsweise der Elektronenröhre in Trickzeichnungen erklärt. Telegrapheninspektor Heerdt gab so dann technische Erläuterungen über den Kassler Sender und berührte dabei auch die Versuche in den letzten Wochen. Es gab darüber eine lebhafte Aussprache. Vorsitzender Ebert berichtete über das Radio – Laboratorium in der Schule an der Mauerstraße*1), das äußerlich bereits erkennbar ist durch eine große, sehr freigelegene Hochantenne, die der ganzen Umgebung das Gepräge gibt.
In der vergangenen Woche ist auch der Starkstromanschluß fertiggestellt worden. Materialspendend er Firmen HAHN AG, Sellnick und Landwehr und Schulzermöglichten die Einrichtung des Laboratoriums, das ein Sammelpunkt aller schaffender Radiokreise werden wird. Auskünfte darüber werden (in der) Wolfsschlucht 33(Fernruf 5259) erteilt.
*1) Nach den Erinnerungen des bekannten Kasseler Hobbyhistorikers Hans Germandi war die genannte Schule an der Mauerstrasse die „Gewerbliche Berufsschule für Knaben“, Eingang Hedwigstraße 1. Heute steht dort das Städtische Schwimmbad.
Unter der gleichen Rubrik findet sich folgende Notiz:
Die Vereinssender
Von der Postverwaltung wird bekannt gegeben: Zur Vermeidung von Zweifeln wird mitgeteilt, daß die den Funkvereinen genehmigten Laboratoriumssender lediglich technischen Versuchen der Vereine dienen sollen und nicht etwa eine besondere Art von Rundfunksendern zur Verbreitung von Musik oder sonstigen Darbietungen darstellen. Die Verwendung der Sender zu anderen als reinen Versuchszwecken ist nicht gestattet.
Kasseler Neueste Nachrichten von Dienstag, dem 27. Januar 1925 (Druck und Verlag in der Kölnischen Straße, auf dem Gelände steht heute die Kassler Sparkasse). Unter dem Titel „Die Kasseler Sender-Weihe“ ist ein umfangreicher Bericht über die Eröffnung des Kasseler Senders abgedruckt. Darin wurden auch die Radioamateure des Radioklubs Kassel lobend erwähnt. Hier einige Auszüge aus dem Bericht, der den damaligen journalistischen Stil repräsentiert.
Eröffnungsfeier im Murhardsaal
Staatssekretär Bredow vollzieht die Eröffnung; eine Senderfeier des Magistrats
Unter ungewöhnlich feierlichen Umständen geht die Weihe des Kasseler Senders vor sich. Für den Vorabend hat der Südwestdeutsche Rundfunkbetrieb AG die Vertreter der Presse zu einer Besichtigung der Senderanlage gebeten. Dem Empfang wohnt auch Präsident Schenck bei, der neue Leiter der OPD Kassel.
Durch die „Wolkenschieber“, die Stoffverschleierung der Decke des Besprechungsraumes dringt abgedämpftes Licht. Schwerer Stoff hängt von den Wänden nieder. Die Fenster sind dicht verhangen. Einsam steht das Mikrophon.
Das Vorstandsmitglied … Dr. Schüller zerstreut in einer Ansprache die Bedenken, … Rundfunk sei eine Art … Zeitung, … den Theatern und Konzerten werde Abbruch getan. Das Gegenteil habe sich ergeben …
Und dann entrollt Postrat Dietze … ein Bild des Senderbetriebes, wobei er sich gegen das „schimpfliche Freibeutertum“ der Schwarzhörer wendet. Privatim hören wir später, dass bereits eine ganze Anzahl Hausdurchsuchungen in Kassel vorgenommen sind. Strafanzeigen sind im Gange.
… in einem Umkreis von 40 km um Kassel (ist) mit einfachen Detektorapparaten guter Empfang vom Kasseler Sender.
Seit Inkrafttreten dieses Senders steigerte sich die Zunahme der Rundfunkgemeindevon 257 … auf 3750 am 22. Januar …
Dann geht es in den Senderaum … „Vorsicht Hochspannung“, diese Warnung ist berechtigt, denn 4800 Volt … sind keine Kleinigkeit …
Wir blicken in die glühende Lampe des Senders und dann wieder durch das Fenster auf das Dachgewirr der OPD, über das sich die Masten mit der eleganten Drahtverspannung erheben, die Träger der großen Antenne sind…
…Telegrapheninspektor Heerdt … gibt interessante Aufklärungen. So hören wir, dass die Anlage nicht weniger als vierfach geerdet ist, … durch die Dampfheizung, die Wasserleitung im Garten und an den Schienen der Straßenbahn.
Eine Rahmenantenne und ein Detektor ermöglichen die Kontrolle des Empfangs.
Die Besichtigung verstärkt den ohnehin schon vorhandenen Respekt vor dem Meisterwerk deutscher Technik, das diese Senderanlage darstellt …
Bei der Feier im Murhardsaal …wurde der Saal über das Telefonnetz mit dem Sender verbunden. Nun steht das Mikrofon vor dem Rednerpult auf dem mit Lorbeeren geschmückten Podium. Ein schlichter Metallreif ist’s, um einen Marmorblock herum. Alle was in Kassel Amt und Ehrenämter und Würden hat, ist vertreten: Vizepräsident Stadler, Polizeipräsident Haack, Reichsbahndirektionspräsident Reiffen, Oberbürgermeister Scheidemann, Bürgermeister Brunner, Beigeordneter Henkel, Stadtrat Weber und andere Stadträte. Die Feier wurde musikalisch von Mitgliedern des Staatstheaters gestaltet. In den Reden der Offiziellen finden sich große, pathetische Worte die zu lesen in der heutigen Zeit befremdlich wirkt. Berichtet wurde in den Ansprachen auch, dass am Anfang die Übertragung des Frankfurter Programms erhebliche technische Probleme hatte. So kamen Musik und Sprache, sobald sie durch die Verstärker gingen völlig verzerrt an. Staatsekretär Bredow aus Berlin wurde als „Vater des deutschen Rundfunks“ gefeiert.
… Er spricht vom uralten Menschheitskampf gegen die Schranken von Raum und Zeit … In kaum 25 Jahren hat das Funkwesen eine Entwicklung durchgemacht, wie nichts anderes zuvor … Der Ausbau des Weltrundfunks ist in vollem Gange … Weiter spricht der Staatsekretär von der sozialen Bedeutung der Massenverbreitung von Kunst und Wissenschaft … bereits 600 000 deutsche Familien (sind) Rundfunkteilnehmer … Der Rundfunk ist keine Spielerei, sondern ein großes ernsthaftes Kulturmittel … Oberbürgermeister Scheidemann bezeichnet dann die Kasseler Rundfunkstation als ein Steinchen an dem riesigen Bauwerk, das wir den Wiederaufbau des Deutschen Reiches nennen … Nach weiteren Reden endet die Feier im Murhardsaal mit Musik von Mozart.
Senderfeier im Rathaus
Der Magistrat hat eine kleinere Schar Ehrengäste nach dem Gesellschaftsraum des Ratskellers geladen … Der Ratskeller gibt sein Bestes … Es ist … die erste derartige Veranstaltung seit vielen Jahren. Besondere Ehrung wird natürlich wieder Dr. Bredow zuteil, dem Erwin W. Ebert als Vorsitzender des Radioklubs in einem Trinkspruch den Dank der „Funkliebhaber“ für förderndes Verstehen ihren Aufgaben gegenüber ausspricht. In diesen Dank schließt er auch die Spitzen der Oberpostdirektion ein und vor allem Stadtrat Weber, der von Anfang an für die Radiobewegung eingetreten ist.
Das Programm des Kasseler Senders, das in Frankfurt gestaltet wurde, begann meist am Vormittag, Programminhalte waren ernste Musik, Vorträge, Lesungen. Leichtere Unterhaltung war in den ersten Jahren nicht zu hören. Als Pausenzeichen hatte der Kasseler Sender auf 1220 kHz 190 Taktschläge. Bei den Taktschlägen schlug das Pendel an die Innenwand eines Holzkastens, dadurch klangen die Schläge voller.
Kasseler Neueste Nachrichten vom 22.3.1927 – In der genannten Ausgabe erschien ein Bericht über die 2. Kurzwellenkonferenz in Kassel mit folgender Überschrift:
Kasseler Rundfunktagung
Die Tagung der“ alten Männer“
Die 2. Jahresversammlung der Kurzwellensender und Empfänger Deutschlands hatte besonders wichtige Aufgaben zu erfüllen. Galt es doch die schwerwiegenden Differenzen innerhalb der großen Organisation des großen Deutschen Funktechnischen Verbandes beizulegen. Dieser Verband umfasst etwa 70 000 Funkfreunde, als Untergruppe sind die deutschen Kurzwellenfreunde angegliedert.
Jederzeit, so betonte Dipl. Ing. Franzen – Hannover, sind die Kurzwellenfreunde bereit, ihre Kraft und ihre Kenntnisse in den Dienst der staatlichen Organe zu stellen, leider nehmen jedoch die Behörden noch einen ablehnenden Standpunkt ein, da sie vorläufig in dem Amateur-Senden eine Gefährdung ihrer Belange erblicken. Auch hier würde mehr Verständnis Dienst am Vaterland, an der Wissenschaft und der technisch begeisterten Jugend sein.
Einen vollen Erfolg haben die Kasseler Verhandlungen gebracht, gründliche Klärung und damit neue Stärkung des großen Verband. Die Kurzwellenfreunde verlangen nur Regelung, keine Freigabe der Amateursender. [Anmerkung DJ3AS: Hier irrt der Chronist].
Am Sonntag Nachmittag fand im Physikzimmer des Realgymnasiums(RG I Wilhelmshöher Allee 31, der heutigen Jacob-Grimm-Schule) vor einem geladenen Publikum eine wissenschaftliche Sitzung statt, an der Vertreter der Reichswehr, der Schutzpolizei und vor allem der Oberpostdirektion teilnahmen. Der bekannte Kasseler Kurzwellenfreund Franz Noether begrüßte die Versammlung und erteilte Herrn Dr. Schmitz = Mühlheim (war als MARS = Mühlheimer Amateur Radio Station bekannt und illegal in der Luft) das Wort zu seinem Vortrag über: „Kristallgesteuerte Sender“.
Hierbei wird die von Frau Curie = Paris entdeckte Eigenschaft von Quarzkristallen benutzt, durch mechanischen Druck oder Zug elektrische Ladungen zu erhalten. Später wurde entdeckt, daß umgekehrt durch elektrische Aufladung eine mechanische Veränderung der Kristalle auftritt. Diese Eigenschaft wird nun benutzt, um Kristalle durch hochfrequente Wechselströme in Schwingungen zu versetzen, deren Wellenlänge von der Größe der verwendeten Kristalle abhängt. So werden die Normalgeräte zum Eichen von Wellenmessern mit genau, durch Abschleifen abgestimmten Quarzstäben versehen. Die so erreichte Abstimmschärfe ist ganz hervorragend.
Bringt man nun einen abgestimmten Kristallin den Schwingungskreis einer Senderöhre, so wird auch hier in einem gewissen Umfang eine Steuerung der Schwingung auf die entsprechende Wellenlänge erzielt, was insbesondere für die schwierigen einzustellenden kurzen Wellen von 1-50 m von großer Bedeutung ist.
Dr. Schmitz hatte es verstanden in seinem prachtvoll gebauten Kurzwellenempfänger die Frage der Kristallsteuerung glänzend zu lösen. Die vorgeführten Versuche wurden ebenso wie der hochinteressante Vortrag nach alter akademischer Weise mit lautem Trampeln aufgenommen.
Die Firma Landwehr und Schultz hatte in freundlicher Weise einen Wechselstromdynamo für die Versuche zur Verfügung gestellt. Damit endete die Tagung der „alten Männer“ (O.M = old man, die freundschaftliche Abkürzung im Senderverkehr)
In der Ausgabe vom 25. Januar 1925 wird unter der Schlagzeile „Weihe des Kasseler Senders – Eine Rückschau von der Geheimantenne bis zur modernen Sendeanlage“ geschildert, wie die ersten Radioamateure in Kassel ihre Empfangsversuche machten. Auszugsweise ein Bild der damaligen, zum Teil schwierigen Zeit für die „Radiobastler“ in Kassel.
Weihe des Kasseler Senders
Eine Rückschau von der Geheimantenne bis zur modernen Sendeanlage
An einem Sonntag hell und klar ist’s gewesen. Nur drei Jahre zurück. Da lud die Oberpostdirektion Kassel nach der Viktoriastrasse (heute Friedrich-Ebert-Straße), um zu zeigen, welche „Fortschritte“ die drahtlose Telephonie gemacht hat. Es meldete sich Königswusterhausen und spielte etwas vor … Dann trat Stille ein, bis eines Tages das Wort „Radio“ in aller Munde war. Die seltsamsten Geschichten wurden von „Bastlern“ erzählt. Geheimnisvolle Dinge vollzogen sich da und dort. Von Zimmern ging die Kunde, die Drahtverhauen glichen. Das war die Zeit der „Geheimantenne“, die unter Ehebetten gespannt, die in den Schornstein führten, die ängstlich vor Spähern gehütet wurden, damit die Post nicht erfährt, die mit der Kriminalpolizei im Bunde … Welch ein Jubel, wenn erstmals das Signal vom Eiffelturm gehört wurde. Der Schrei nach der Freigabe des Rundfunks wurde immer lauter,… Röhrenapparate pries man an und auch in Kassel kam von privater Seite die Einladung, einmal England zu hören … Nach der Freigabe des Rundfunks entstand im Anfang des vorjährigen Monats Februar (5.2.1924) der Kasseler Radioklub und dabei zeigte es sich, daß die Arbeit der „Bastler“ größer war, als man vielfach angenommen hatte. Nun stand man nicht mehr mit einem Bein in den Maschen des Strafgesetzes und mit dem anderen in den Klagen der Ehefrauen … In dieselbe Zeitspanne fällt auch das Werden des Frankfurter Senders, auf das große Hoffnungen gesetzt wurden, die sich leider nicht erfüllten … denn der Empfang war nur dann und wann mal gelegentlich und auch dann höchst mangelhaft. Die Radiowelle, die auch über Kassel zog, verflachte sehr rasch, es gab schwerste wirtschaftliche Schäden in Kreisen, die sich dem Radio gewidmet hatten. Über die Ursachen dieser Störungen, an denen nicht zuletzt auch der Kasseler Straßenbahnbetrieb Schuld trug, wurden rasch erkannt … Der Ruf nach einem Zwischensender in Kassel wurde immer lauter … Das Werden des Kasseler Senders ist zweifellos der exakten Vorarbeit der hiesigen Interessengemeinschaft für den deutschen Rundfunk zu danken,… ferner Erwin. W. Ebert, dem umsichtigen und eifrigen ersten Vorsitzenden des Kasseler Radioklubs. Ihre Bemühungen fanden lebhaften Widerhall bei Stadtrat Weber … der zum Verbindungsmann zwischen Kassel und Berlin wurde … Mit fast märchenhafter Schnelligkeit wuchs die äußerlich sichtbare Senderanlage aus dem Gebäude der OPD Kassel … Die beiden schlanken Masten … 28 m über dem 22 m hohen Dach des OPD-Palastes …
Im Dezember 1924 begannen die ersten Sendeversuche, die nicht immer erfolgreich waren und die zunehmende Zahl der Hörer zur Verzweiflung brachte. Gehört wurde hauptsächlich mit Detektorempfängern. Die Inneneinrichtung des Senders bestand aus einer kleinen Bühne und einem akustisch gedämpften Sprecherraum. Der Sender war als Kilowattsender nach neuzeitlichen Erkenntnissen auf Marmortafeln in sogenannter „Schalttafelform“ gebaut, die Anlage glich nach Meinung des Chronisten einem kleinen Elektrizitätswerk. Empfangsmöglichkeiten mit Detektor waren im Umkreis von 30 Kilometern sicher gegeben. Das Bedienungspersonal bestand aus dem Telegrapheninspektor Heerdt, dem Oberpostinspektor Gehlhoff und dem künstlerischem Leiter Dr. Block. Am 25.1.1925 wird der Kasseler Sender von Staatssekretär Dr. Hans Bredow feierlich seiner Bestimmung übergeben. Der Schlusssatz des Berichtes zeigt die voller Pathos und geschwollenen Formulierung übliche Pressearbeit:
… Es geht mehr als um die Ermöglichung bequemer Unterhaltung, es geht um Größeres, um Volksbildung, um Förderung des Gemeinschaftsgedanken. Der Kasseler Sender walte seines Amtes!
Öffentlichkeitsarbeit des „Radioklub Kassel“ in 1925 – Die „Kassler NEUESTEN Nachrichten“ haben am 13.3.1925 unter dem Titel „Basteln und Bauen – eine Radio-Ausstellung in Kassel angekündigt:
… Seit den letzten von Kasseler Firmen ausgegangenen Radioausstellungen ist der Radio-Gemeinde keine Gelegenheit wieder gegeben worden, Einblick in die seitdem eingetretene Entwicklung des Rundfunkwesens zu gewinnen. Nunmehr hat es der Kasseler Radioklub übernommen, eine große Radioausstellung … in dem Laboratorium des Klubs in der Schule an der Mauerstraße … in die Wege zu leiten. Basteln und Bauen ist… besonders bei den Pionieren des Radiowesens eine geläufige Bezeichnung … aus einer Zeit, in der es noch gefährlich war, mit Funkwesen zu experimentieren. Damals war die „Geheimantenne“ große Mode. Inzwischen haben es die Freigabe, die Audionversuchserlaubnis … und der Kasseler Sender … bequemer gemacht … Man muss die Freude gesehen und gehört haben, wenn so ein Bastler das Zeitzeichen von Nauen empfangen hat, um einen Begriff von den Reizen des Bastelns zu erhalten … Die Ausstellung … zieht die Firmen heran, die bisher die Interessen des Radioklubs vertraten und unterstützten… Schon jetzt ist eine umfassende Ausstellung zu erwarten, die den neuesten Stand der Funktechnik darstellt…. Für Fortgeschrittene werden Röhrenapparate ausgestellt, ferner Einzelteile und Materialien aller Art. Ferner werden die neueste Radioliteratur, Bastlerbücher usw. ihren Platz finden. Mit … der Ausstellung sind Vorträge und Demonstrationen verbunden … Der Radioklub, der unter der rührigen Leitung von Erwin .W. Ebert steht, wird mit dieser Ausstellung vor die breite Öffentlichkeit treten und dazu beitragen, das Interesse am Rundfunk aufzufrischen und weiter zu beleben …
Am 22.3.1925 schaltete der Radioklub in der KNN eine eigene Anzeige und am 29.3.1925 erschien der Bericht unter dem Titel „Kasseler Radio-Werbewoche – Rund um die Ausstellung ‚Basteln und Bauen‘.“
…Tausende hat in dieser Woche das ehemalige Klassenzimmer der Bürgerschule 9 an der Mauerstraße und jetzige Laboratorium des Kasseler Radioklubs zu Gast gehabt, die mit sichtbarer Spannung in Augenschein nahmen, was…Landwehr und Schulz und Hessen-Thüringer- Rundfunk-Telefunken ausstellen, die Firmen Janssen und Co., Albert Schäfer, H. Sellnick in Kassel wie Mairowski und Co. aus Portz, dann die Kasseler Radioindustrie, vertreten durch August Füllgrabe mit dem kleinen „Fata Morgana“, Heinrich Löwe ( Anodenbatterien), Gustav Henkels E- Werk, das Lötkolben herstellte usw…. Es kam die Rundfunkbegrüßung durch den Südwestdeutschen Rundfunk-Betrieb Frankfurt von Dr. Flesch …
Ein Versuch, die Schulverwaltung für die Ausstellung zu gewinnen, damit die höheren Schulen hier etwas lernen, hatte leider negativen Erfolg. Dafür fanden sich Vertreter fast aller sonstiger Behörden sowie der großen wirtschaftlichen Organisationen ein.. Radio ist wieder … in aller Munde.
Der Kasseler Sender stand gestern Abend eine halbe Stunde lang dem Klub zur Verfügung. Er arbeitet tadellos. Der Vorsitzende Erwin W. Ebert sprach… über den Sinn des Bastelns. Er ging von der Schöpferkraft des Menschen aus …. und wie sich die Liebe zum Basteln …auf den Beruf überträgt …und wie mancher über die Liebhaberei hinaus zum Erfinder, zum Forscher… wird. Basteln darf kein Pfuschen sein!
Der zweite Vorsitzende , Diplom Ingenieur Sandel, schilderte seine eigenen Bastelerfahrungen. Die Zeiten lebten auf, in denen die Funkamateure nur mit Schwierigkeiten in die Geheimnisse des Radiowesens und an Materialien kommen konnten … Jedenfalls haben Schwarzhörer und Schwarzbastler keine Ursache mehr, im Geheimen ein fluchwürdiges Dasein zu führen… Meldet Eure Apparate an!
Am 3.12.1925 berichtete die KNN über die Vorführung eines von Erwin. W. Ebert und August Füllgrabe gebauten Kurzwellenempfänger vor dem ältesten Verein, dem Verein für Naturkunde im Physikzimmer des Realgymnasiums (damaliges RGI in der Wilhelmshöher Allee 31).
Ingenieur Reiffenstein führte zunächst einen Vierröhren-Empfänger mit hoher Trennschärfe vor, bei dem der nur knapp einen Kilometer entfernte Ortssender Kassel völlig ausgeblendet war und fremde Stationen klar aus dem Lautsprecher zu hören waren.
Studienrat Dr. Dippel baute den „Hertz’schen Grundversuch“ auf, Kohärer und Fritter tauchten aus der Vergangenheit auf.
Der vom „Vorkämpfer der Radiobewegung in Kassel“, Erwin. W. Ebert zusammen mit dem Radiofabrikanten August Füllgrabe vorgestellte Empfänger war nach den „Grundsätzen der modernen, verlustfreien Bauweise“ gebaut. Die „Wellen unter 100 Meter sind durch ihre besonderen Eigenschaften, wie Störungsfreiheit und hoher Intensität dazu bestimmt, eine heute kaum vorauszusehende Rolle zu spielen. Es war das unumstrittene Verdienst englischer und amerikanischer Radioamateure, durch ihre Sendeversuche mit lächerlich geringer Energie über den Ozean die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf die unbeachteten kleinen Wellen unter hundert Meter erweckt zu haben…. Liebhaber Amerikas und Europas tauschen ihre Zeichen aus, um vom Empfänger eine Postkarte als Quittung über die gehörten Zeichen zu empfangen, die den Stolz und den sichtbaren Lohn für die angewendete Mühe des Liebhabersenders bilden …
Soweit der Streifzug durch die damalige Presse. Sicherlich lässt sich bei intensiver Nachsuche noch der ein oder andere Bericht über den Radioklub Kassel in den Zeitungsarchiven finden. Die vorstehenden Artikel zeigen aber, wie alles anfing, mit welcher Begeisterung dem neuen Medium Rundfunk zugearbeitet wurde. Es dürfte nicht lange gedauert haben, bis sich auch die am Senden interessierten Radioklubmitglieder lautstark gemeldet haben. Das war dann spätestens am 27.3.1927 beider 2. Radiokonferenz „der alten Männer“ in Kassel der Fall. Ich schließe hiermit die historische Untersuchung der Keimzelle „Radioklub Kassel „unter dem Motto „wie alles anfing“ ab.
18.08.07 – DJ3AS