DL0JK

Die Geschichte des Clublebens um DL0JK

Sie begann mit der Errichtung des Hermann-Schafft-Hauses im Juni 1960. Die schon seit drei Jahren organisierte Amateurfunkausbildung fand eine Heimat in dem neuen Gebäude. Sie lief als Lehrgänge des damaligen „Jugendbildungswerk“, das später in die Gesamt-Volkshochschule integriert wurde. Die Lehrgänge liefen nicht unter der Flagge des DARC OV Kassel, was einige Fundamentalisten im OV jahrelang nicht verstehen konnten und den Organisatoren erhebliche Schwierigkeiten bereitete. Von Anfang an hatten Verantwortliche bei DL0JK uneingeschränkten Zugang zu jeder Tages – und Nachtzeit. Sehr zum Missfallen der Schlüsselgewalt gewohnten Hausmeister …

Die Erstausrüstung für die Station DL0JK war der alte UKW-Sender des Hessischen Rundfunks, der mit dem damals aktuellen Geloso-VFO durch Eberhard, DJ3KZ, für die Amateurfrequenzen umgebaut wurde.

Im Wert von 1000 DM, eine Menge Geld in damaliger Zeit, stellte die Stadt Kassel dank der Verhandlungen von OM Lößberg, DL1AK, verstorben im November 2001, einen RX60 als damals erstklassigen Empfänger zur Verfügung. Auf dem Dach spannte sich eine W3DZZ. Zum Hessentag 1964 in Kassel war DL0JK unter dem Rufzeichen DL0HS mit einem aus dem Polizeibunker am Altmarkt entliehenen französischen kommerziellen Sender auf 40 m aktiv. Das gefiel der Leitung des Hauses so, dass weitere, ständige Ausrüstung evtl. in Aussicht gestellt wurde.

DJ3AS bekam den Auftrag, eine Wunschliste zu erstellen. Sie endete mit einer Gesamtsumme von 24.000 DM. Es gelang dem damaligen Leiter des Jugendbildungswerkes diese Summe dem hessischen Ministerpräsidenten Georg August Zinn (18.000 DM aus Lottomitteln) und der Stadt Kassel den Rest von 6.000 DM zu entlocken.

Die Collins-S-Line auf dem Tisch der Clubstation DL0JK
Die Collins-S-Line auf dem Tisch der Clubstation DL0JK

Der Einkauf der damals als Unterrichtsmittel zollfrei einzuführenden Collins-S-Line, der „Mercedes“ unter den damaligen Amateurfunkgeräten und der Traum aller Funkamateure, geriet zu einem Rennen um den Verfallstermin der Haushaltsmittel zum Dezember 1965 … Da der Ministerpräsident sein Geschenk zusammen mit dem OB Dr. Karl Branner persönlich übergeben wollte, wurde von der Stadt Kassel im April 1966 eine riesige Public Relation Show organisiert. Rundfunk, Fernsehen und Presse berichteten live über „die stärkste Amateurfunkstation Europas“ was natürlich viele Neider auf den Plan rief. Diese Formulierung der Pressestelle im Rathaus war nicht sehr glücklich

Während der Einweihung wurde den zahlreichen Offiziellen eine Art Notfunk vorgeführt. Mobile Amateurfunkstationen auf 80 m in Nordhessen bekamen den Auftrag, bei einem örtlichen Polizeirevier ein Stichwort abzuholen, das zuvor aus dem Shack von DL0JK über Polizeifunk an die Reviere gegangen war. Allgemeines Staunen über die Leistungen des Amateurunkdienstes waren die Folgen. Ein Problem gab es aber: Damals wurde die zulässige Sendeleistung nach der Röhrenverlustleistung bemessen. Unsere Endstufe hatte aber 4x die 811A und somit die zulässige Anodenverlustleistung weit überschritten.

 

Der 13 Jahre lang abgestrahlte Morsekurs
von DL0JK entsteht; v.l. DK1DU, DJ3AS, DK2XU

 

Für Rundspruchstationen gab es eine Sondergenehmigung der OPD Frankfurt. Den Deutschlandrundspruch sendete DL0JK bereits manchmal vertretungsweise. Aber das reichte der OPD nicht, also musste eine Rundspruchsendung her. Das war dann der von 1967 bis 1991 abgestrahlte CW-Kurs, den DK1DU, DK2XU, DK6FT und DJ3AS zusammenstellten. Dieser Kurs, aus 22 Lektionen bestehend, lief in der Zeit von Mitte Februar bis Mitte Juli über das 80-m-Band und auf dem Kassel- (2 m) und Köterberg-Relais (70 cm). Jeweils dienstags und freitags ab Punkt 19.00 Uhr lief das Band mit dem CW-Text an. Vorher wurde durch QSO oder Ankündigungsschleife versucht, die QRG einigermaßen frei zu bekommen, was nicht immer gelang. Jährlich also 22×2 Sendungen, das ergab in den 14 Jahren 1496 Sendetage, die jeweils mit zwei Ops zu besetzen waren. Viele Funkamateure in DL und im benachbarten Ausland waren ständige Hörer und konnten nach dem Kurs die CW-Prüfung bestehen. Das bewies die zahlreiche Hörerpost, die DL0JK erreichte und die größtenteils direkt beantwortet werden konnte, da die Stadt Kassel das Porto bezahlte.

Mit den technischen Einrichtungen und dem vorhandenen Unterrichtsmaterial wurden auch die neun hessischen Jugendlehrgänge auf dem Hohen Dörnberg ausgestattet. Aus den Überschüssen und aus den finanziellen Mitteln der VHS wurden dann weitere technische Einrichtungen angeschafft. So ergänzte eine DRAKE-Line mit der L4-B und später ein TS-930S die Kurzwellenausrüstung. Auf den VHF-Bändern 2 m und 70 cm kamen im Endzustand ein TS-711 und ein TS-811 hinzu. Zu der letzteren Anschaffung gab es auch einen nicht unerheblichen Zuschuss des Ortsverbandes Kassel, der letztendlich jahrelang die ausgebildeten Funkamateure als Mitglieder vereinnahmen konnte. Auch die Nachbarortsverbände profitierten von der Arbeit im Schafft-Haus.

Auf dem Dach entstand zunächst eine HY-Gain Cubical Quad als Ersatz für die W3DZZ, Dipole spannten sich quer über das Gelände bis zum Haupthaus der VHS, im Hof, auf dem Gelände des heutigen Landratsamtes stand ein aus Hannover geholter und im Tausch mit einem Lampenmast für den Neubau des Amateurfunkzentrums vorgesehener Sirenenmast mit einem TH6DX-Beam. Diese Konstruktion musste mit dem Neubau des Landratsamtes weichen. Als Ersatzleistung konnte ein 12-m-Gittermast auf dem Dach des Hauses mit einem Fritzel FBDX506 und diversen VHF- und UHF-Antennen ausgehandelt und errichtet werden. Für 2 m gab es am südlichen Dachende eine 4×10-Element umfassende Antennenanlage. Mit diesen Einrichtungen war es nicht schwer, an internationalen und nationalen Wettbewerben teilzunehmen.
1975 gewann das Team von DL0JK weltweit den WPX-Contest. Beim beliebten WAE-Contest belegte DL0JK 1970, 1976 und 1979 den 1. Platz in Deutschland; 1974, 1977 und 1984 den zweiten Platz.

Ein Grossteil der gesamten Stationseinrichtung von DL0JK, die seit 1985 in Konsolen eingebaut war – und einen kommerziellen Eindruck machte, wurde zu den Fieldays ins Grüne transportiert. Antennen und Masten wurden immer besser. Nach wackligen und biegsamen Rohrkonstruktionen gab es den zweiten 12-m-Gittermast (heute im OV Kassel) und eine Cubical-Quad. Platz für alle möglichen Experimente mit Dipolantennen und anderen Gebilden war ja auf den Fielddayplätzen genügend vorhanden.

Begonnen haben die Fielddays auf dem Sattel zwischen Dörnberg und Helfensteine, dann ging es einige Jahre auf den Burghasunger Burgberg. Hier wurde leider dann aus dem Landschaftsschutzgebiet ein Naturschutzgebiet und die entsprechenden Genehmigungen durch den Landkreis durften nicht mehr ausgestellt werden. Als nächster Standort kam der Große Schönberg bei Breitenbach/Hoof in Frage, sehr zum Missfallen des örtlichen Jagdpächters. Aber die Gemeinde Schauenburg hatte es genehmigt. 1968, 1969 und 1983 wurde der Fieldday-Contest durch DL0JK bundesweit gewonnen, 1970, 1978, 1981 und 1986 erreichte DL0JK den zweiten Platz in der bundesweiten Wertung.

Der beliebte WWDX-Contest wurde 1984 von DL0JK gewonnen. Leider sind nicht mehr alle Urkunden vorhanden, aber es waren nach der Erinnerung eigentlich noch mehr sehr gute oder gute Plätze in den Wettbewerben erreicht worden. Ein 48 Stunden-Contest bedurfte auch ordentlicher Verpflegung, das wurde jeweils von der Leitung der VHS vorzüglich übernommen und organisiert.

Angehende Funkamateure bei Morseprüfungen
Angehende Funkamateure bei Morseprüfungen

Was war noch bei DL0JK los? – 1960 fand die erste Lizenzprüfung im Hermann-Schafft-Haus statt. Jedes Jahr wurden Lehrgänge erfolgreich mit der Prüfung der OPD Frankfurt vor Ort beendet. Wegen der großen Teilnehmerzahlen gab es sogar in verschiedenen Jahren zwei oder drei Prüfungstage. Allen älteren Mitgliedern des DARC-Ortsverbandes Kassel sind noch die „Nordhessische Amateurfunktage“ (NAT) im Jahr 1984 und 1986 in Erinnerung, die ohne die kostenlose Bereitstellung der kompletten Häuser der VHS und DL0JK nicht machbar gewesen wären.

Im Oktober 1965 nutze die Deutsche Bundespost die Einrichtungen des Hermann-Schafft-Hauses zu einer viel beachteten Ausstellung „Du und die Post“, auf der hauptsächlich auch Eigenbaugeräte zu bewundern waren. Nicht zuletzt verdankt die Zentrale des DARC in Baunatal das Grundstück einem Tipp aus dem Hause DL0JK.

Warum nun das Ende am 26. Oktober 1991? – Die Zeiten hatten sich geändert. Der Bedarf an technischer Ausbildung für ein Hobby ging zurück, die VHS musste Mindestteilnehmerzahlen in den Kursen nachweisen, die nicht immer erreicht werden konnten. Die Gebühren gingen herauf, die Leitung der VHS wechselte und der neue Leiter hatte für technische Lehrgänge nicht viel übrig. So blieb nur noch die Auflösung nach 31 Jahren Amateurfunk vom Feinsten. Die Geräte wurden an andere Ausbildungsgruppen hauptsächlich in den neuen Bundesländern verschenkt, die Schlüssel am 26.10.1991 an die neue Leitung der VHS zurückgegeben …

Doch das Rufzeichen DL0JK besteht weiter im Ortsverband Kassel und wird vielleicht wieder bei den nächsten Wettbewerben auf nationaler oder internationaler Ebene mitmischen. Die Symbiose zwischen Privatpersonen und der VHS hatte sich jahrzehntelang erfolgreich zum Wohle des Amateurfunks bewährt …

September 2007: Förderer des nordhessischen Amateurfunks verstorben

Im September 2007 verstarb im Alter von 83 Jahren Otto Heckmann, ein führendes Mitglied der nordhessischen Sozialdemokraten.

Wie schon an anderer Stelle der Geschichte des OV beschrieben, begann bereits 1957 die enge Zusammenarbeit von Funkamateuren mit den Bildungseinrichtungen der Stadt Kassel. Rudolf Lößberg, DL1AK†, knüpfte die richtigen Kontakte. Nach erfolgreichem Abschluss des ersten Lehrganges (Rufzeichen DJ6F..) konnte in 1960 im neu errichteten Hermann-Schafft–Haus in der Wilhelmshöher Allee ein eigener Unterrichtsraum bezogen werden. Außerdem hatte die Stadt Kassel die Erstausrüstung der Station beigesteuert. Leiter des damaligen Jugendbildungswerkes im Hermann-Schafft–Haus war Otto Heckmann.

Während des Hessentages in Kassel wurde unter dem Rufzeichen DL0HS mit einem geliehenen Transceiver aus dem Polizeifunknetz aktiver Funkbetrieb aus dem Schafft–Haus gemacht. Das gefiel Otto Heckmann ganz besonders gut. Auf den Hinweis, dass diese Aktivität zur ständigen Einrichtung werden könnte, wenn das notwendige Geld zur Verfügung stehen würde, gab mir Otto Heckmann den Auftrag, eine Wunschliste zusammenzustellen. Am Ende der Liste stand der für damalige Zeiten sehr große Betrag von 24.000 DM. Im Spätsommer 1965 erreichte mich die Mitteilung, dass es Otto Heckmann gelungen war, den gesamten Betrag für die Kasseler Funkamateurausbildung zu organisieren. 18.000 DM stellte der damalige Ministerpräsident von Hessen, Dr. Georg August Zinn, zur Verfügung, die restlichen 6000 DM kamen aus städtischen Mitteln. Mit dem Betrag wurden die Collins–S–line und die Antennen angeschafft. Dr. Zinn übergab am 2.4.66 mit erblichen medialen Aufwand die komplette Anlage dem Jugendbildungswerk.

In den nachfolgenden Jahren wurden die Ausbildungskurse weiter als Kurse des Jugendbildungswerkes erfolgreich durchgeführt und erhielten jegliche denkbare und machbare finanzielle Unterstützung durch den städtischen Haushalt. Selbst als Otto Heckmann andere Aufgaben übernahm und das Jugendbildungswerk mit der Volkshochschule fusionierte, ging durch den neuen Leiter Dr. Lothar Arabin die Unterstützung der Funkamateure nicht zu Ende. Erinnert sei nur an die Ausstellung „Du und die Post“, an die Unterstützung zu den „Nordhessischen Amateurfunktagen“ und an die weiteren technischen Ausbauten der Station und ihrer Räumlichkeiten. Mit dem Nachweis des erfolgreichen Wirkens im Jugendbildungswerk gelang es auch, die neun Jugendlehrgänge im „Jugendhof Dörnberg“ als hauseigene Veranstaltungen unter dem Namen des Distriktes Hessen zu organisieren.

Otto Heckmann war es auch, der nach erfolglosen Gesprächen mit der Stadt Kassel dem damaligen Vorsitzenden des DARC, OM Herbert Picolin, DL3NE, den entscheidenden Tipp für die Verhandlungsmöglichkeiten zum Grundstückerwerb in Baunatal für das geplante Amateurfunkzentrum gab. Trotz der Bedenken politisch anders denkender Mitglieder des OV, ist die Ausbildung der Funkamateure niemals in politische oder parteiinterne Interessen eingebunden worden. Otto Heckmann verhielt sich stets neutral und sein Ziel war es als ehemaliger Pädagoge, die technische Ausbildung der Mitbürger so weit wie möglich zu unterstützen. Dies ist ihm und auch seinem Nachfolger Dr. Arabin stets gelungen und die Unterstützung endete erst 1991, als die Voraussetzungen für die weitere Finanzierung der Ausbildungsarbeit aus verschiedenen Gründen nicht mehr möglich war.

Der nordhessische Amateurfunk hat durch die Person Otto Heckmann viele Vorteile gehabt. Dies sollte nicht vergessen und verschwiegen werden.

Harald Dölle, DJ3AS, 26.9.2007

12.10.07 – DJ3AS, Chronik „60 Jahre Amateurfunk in Deutschland“